Tiots Cadillac










Dinospuren





















Villa Brionka









mit Richard Burton und Liz Taylor



































































































































































































































































































B R I O N I







Wer - wie wir - "vor dem Krieg" in Jugoslawien segelte, musste um das Archipel vor Istrien einen weiten Bogen machen, um das auf den Seekarten eingezeichete und auf dem Permit ausdrücklich vermerkte Sperrgebiet weiträumig zu umfahren. Wer zu nahe kam, machte unweigerlich Bekanntschaft mit Patroullienbooten (wie wir, als wir 1990 unsere Yacht "Wilder Markgraf" vor der Weißen Villa Titos tauften ), und wer sich nahe genug heran wagte, konnte im Fernglas bewaffnete Wachen in ihren Häuschen, friedlich grasendes exotisches Wild und im Wind sich wiegende Palmen ausmachen ...

Die Rede ist von Brioni - nicht von der bekannten italienischen Modemarke, die Printwerbung mit Bundeskanzler Schröder macht und von "Golden Eye" bis "Casino Royale" James Bond mit seinem charakteristischen Dinner Jacket ausstattete,

die Rede ist vom Archipel Brijuni in der kroatischen Adria vor Istriens Westküste. Die Inseln, nur wenige sm vor Pula (wichtigster Kriegshafen in der Zeit der österreichisch-ungarischen Donaumonarchie), sind seit 1983 Nationalpark. Er besteht aus (bis auf Veli Brijun und Vanga) unbesiedelten 14 Eilanden, deren Fläche zusammen 734 ha beträgt und der unter Naturschutz steht (Tauchen auch wegen unterseeischer archäologischer Artefakte verboten!).
Die Inselwelt ist zugleich eindrucksvolles Exempel dafür, wie die Mächtigen dieser Welt sich nur allzugern dem privaten Luxus hingeben, Josip Broz Tito, der Kommunistenführer , ist da keine Ausnahme. Im Gegenteil, dieser aus einfachsten Verhältnissen stammende Mann hatte besondere Freude an Prunk und weltlichen Vergnügungen.

Segler legen an der Innenseite der Außenmole im Haupthafen Veli Brijun an - und sind in einer anderen Welt:
Wer ahnt schon, dass in dem Hafenbecken, wo wir vor Moorings liegen, einst im Linenverkehr Wasserflugzeuge landeten und die High Society sich die Hand gab? Dass auf der Insel, die die Besucher mit Elektroautos befahren, eine der schlimmsten Seuchen wütete?

1893 kauft der österreichische Industrielle Paul Kupelwieser , Sohn eines Malers und Professors für Historienmalerei in Wien, die als unbewohnbar geltenden Inseln: malariaverseucht. Kupelwieser, der auch erkrankt, hat vom Bakteriologen Robert Koch gehört, schreibt ihm einen Brief, Koch besucht 1900 die Insel, identifiziert als Überträger die Anopheles-Mücke und rottet mit ihr die Malaria auf den Inseln aus, Kupelwieser investiert ein Vielfaches des Kaufpreises, errichtet die Infrastruktur, baut den Hafen aus,

verlegt die submarine Wasserleitung vom Festland her, errichtet Wirtschaftsgebäude (Wein- und Milchwirtschaft, Imperialkäse), baut Hotels, ein Strandbad und das erste Winterschwimmbad an der österreichischen Riviera. Bis zum WK 1 ist die Insel Treffpunkt für Adel, gehobenes Bürger- und Beamtentum und viele Künstler. Thomas Mann ruht sich in einem windgeschützten Hohlweg bei Spaziergängen aus: er reist während der Arbeit am "Felix Krull" mit Frau Katja und Bruder Heinrich nach Brioni, wo ihn die Nachricht vom Tode des Komponisten Gustav Mahler erreicht, er Mahlers Bild aus der Zeitung ausschneidet und es zur Beschreibung Aschenbachs im "Tod in Venedig" benutzt.

1906 entdeckt das Kaiserhaus die Insel zur Rekreation, Franz Ferdinand nutzt sie als repräsentatives Zentrum für Staatsbesuche, Kaiser Wilhelm II. ist 1912 zu einer Besichtigung hier.
Sachsens König Friedrich August genießt Klima, Meer und Inseln wie noch viele andere große Staatsmänner, macht hier standesgemäßen Urlaub. Carl Hagenbeck legt 1912 einen zoologischen Garten an, sein Raubtiergehege steht heute leer, der letzte Löwe ist vor ein paar Jahren verendet. Im 1.Weltkrieg wird die Insel militärisch genutzt, 1919 stirbt Kupelwieser.

Sein Sohn Karl setzt das Werk auf den seit Kriegsende italienischen Inseln im Sinne des Vaters fort. Er baut ein Spielbank-Casino und den ersten 18-Loch Golfplatz in Europa. Mit dem Poloplatz, dem Vorhalt der Polopferde und dem Ehrgeiz, der elitären Welt hier alles Wünschenswerte anzubieten, übernimmt er sich. In der Weltwirtschaftskrise gerät das Unternehmen Brioni in Schwierigkeiten, 1930 erschießt Karl Kupelwieser sich, sein Eigentum fällt an Italien.

Während des 2. Weltkrieges bombardieren die Alliierten die Inseln mehrmals, beschädigen oder zerstören Hotelanlagen. 1945 fällt das Gebiet (mit dem größten Teil Kroatiens) an Jugoslawien.
Ab 1947 macht der jugoslawische Staats- und Parteichef Tito die Inseln zu seinem bevorzugten Aufenthaltsort, hat auf Veli Brijuni seine offizielle und auf der kleinen Insel Vanga seine private Residenz. Dort verbringt er viele Monate im Jahr, sein 'Hofstaat' sorgt dafür, dass es dem Präsidenten und Marschall der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien an nichts fehlt (offen zugängliche Bilder von diesem feudalen Leben - Fehlanzeige).





Auf Brioni empfängt Tito wichtige Staatsgäste. Gewöhnlichen Sterblichen bleibt es vorbehalten, die Barkassen mit prominenten Besuchern von der Ferne zu beobachten, wenn sie in Fazana bei Pula ab- oder anlegen.

Aus aller Welt reisen die Gäste an - hohe Politiker und Hollywoodstars, die Tito bevorzugt einlädt, 1956 unterzeichnet er zusammen mit Nehru und Nasser das Abkommen zur Gründung der Blockfreien Staaten ("Brioni-Deklaration") und 1966 enthebt er hier den Serben Alexander Rankovic, Polizeichef Jugoslawiens, lange Zeit zweitmächtigster Mann in der Partei, seiner Posten. Tito hält für seine Gäste luxuriöse Domizile vor, so die Villa Jadranka, die Weiße Villa und die Villa Brionka. Selten läßt er es sich nehmen, den Besuchern persönlich die mediterrane Pflanzenwelt und historischen Gemäuer zu zeigen.

mit Sophia Loren mit Nasser und Indira Gandhi mit Mrs. Roosevelt mit Willy Brandt

Nach Titos Tod 1980 werden die Inseln Nationalpark, Veli Brijun Sommerresidenz des kroatischen Präsidenten, der sie ebenfalls für Staatsempfänge nutzt. 1991 wird mit der "Brioni-Erklärung" der 10-Tage-Krieg Sloweniens mit Belgrad beendet.
Zu Beginn der 90er Jahre tritt wie selbstverständlich als Hausherr der Inseln Franjo Tudjman, gewählter Präsident des neuen Kroatiens die Nachfolge des Kommunisten Tito an.
Titos fürüheres privates Reich, die Insel Vanga ist nun Tudjmans Reich, im Hafenbecken liegt seine riesige Luxusjacht.
Skurrile Geschichten von Titos einstigem Liebling, dem Papagei Koko, der sich nicht an die neue Zeit gewöhnen will:
Statt "Kako si Franjo?" (Wie geht es Dir, Franjo?) frage er nach wie vor "Kako si Tito?" (Wie geht es Dir, Tito?). Und das ärgert Tudjman natürlich sehr.

mit Sophia Loren


Aber Brionis Geschichte reicht noch viel weiter zurück:
Dinosaurier haben an mehreren Stellen ihre Fußspuren hinterlassen.
Archäologische Funde beweisen die Erstbesiedlung durch Illyrer um etwa 3000 v. Chr.
Auch die Kelten lassen sich hier nieder, dann erobern die Römer die Inselgruppe, errichten luxuriöse Landsitze. In der Bucht Verige sind noch - auf drei Terrassen verteilt - die Überreste einer prachtvollen kaiserlichen Sommerresidenz aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. mit Tempelanlagen zu bewundern.

Nach den Römern kommen die Goten, dann die Byzantiner und schließlich die Venezianer. Ein Castrum dient dem Schutz vor Seeräubern.

Bis 1797 sind die Inseln venezianisch, dann Teil des österreichischen Küstenlands.
1866 versammelt Admiral Wilhelm von Tegetthoff die österreichische Flotte im Kanal von Fažana und führt sie von dort aus in die Seeschlacht von Lissa (Viš).

Fauna und Flora der Inseln sind einzigartig:
Rund 680 Pflanzenarten existieren, große Eichenwälder gehören dazu, neben Stechpalmen, Myrten, Erdbeerbäumen, Mastixsträuchen, Manna-Eschen oder Besenheiden gedeihen importierte Arten wie Pinien, diverse Kiefern und Zedern, Eukalypten, Tannen, Mammutbäume oder Zypressen.

Auch exotische Pflanzen wie Palmen und Kakteen sind großzügig gepflanzt. Eine einmalige Sehenswürdigkeit: der Olivenbaum im Alter von 1600 Jahren.

Über 250 Vogelarten, etwa seltene Kormorane, nisten hier, an freilebenden Säugetieren finden sich Feldhasen, importierte Hirsche und Europäische Mufflons. Es gibt auch einen Ethno-Park, der einen typischen Hof mit istrischen Ochsen (Boškarin), istrischen Schafen (Pramenka), Eseln und Ziegen vorstellt.

Der Safaripark am Nordende Veli Brijuns präsentiert Elefanten, Lamas, Zebras, Nilgauantilopen, somalische Schafe, heilige indische Kühe und Esel.

Seit einigen Jahren laufen Bestrebungen, die Inseln mittels ausländischer Investoren (v. a. des italienischen Modehauses „Brioni“) zu einem Refugium ausschließlich der Reichen und Schönen zu machen. Seit einigen Jahren wird wieder Polo gespielt und Pferderennen abgehalten; man will ein 8000 Quadratmeter großes „Wellnesscenter“, Casino, Golfhotel und allerlei 5-Sterne-Restaurants und -Hotels errichten - Umweltschützer kritisieren die Pläne scharf. Obwohl Brioni den Status Nationalpark und Nationale Gedenkstätte hat, lässt der zuständige Minister verlauten, es käme "etwas, was es noch nie gegeben hat".
Und Segelyachten gewöhnlicher Herkunft können nur noch nach langwieriger Reservierung anlegen - in der Regel zwischen gigantischen Luxusmotoryachten ...



Und hier gehts zu Titos Hawaii






© Christian Wirth 2010