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Die zweite Überraschung war das ...

Schiff

Die CLOVA ist eine Amel Maramu Ketsch 45', Baujahr 1983, konstruiert von Henri Amel.

Sein Schattenbild ist symptomatisch:
Über nicht Viele gibt es so Weniges im Internet wie über den genialen Konstrukteur unserer phantastischen Yacht, und noch weniger Bilder!
Dafür um so mehr Lobendes über die von ihm entworfenen und gebauten Schiffe und seine Firma, an der er seine Mitarbeiter genossenschaftlich beteiligt hat - er war für sie nur "le Cap'tain".
Henri Amel, 2006 mit 97 gestorben, hat die Fa. Amel 1963 mit den folgenden legendären Worten, gerichtet an seine Mitarbeiter, eröffnet:
"Ihr werdet von Unfähigen dirigiert! Die Qualität eurer Arbeit lässt sehr zu wünschen übrig, die Kunden sind unzufrieden, ihr seid schlecht bezahlt und der Laden verliert Geld!"

Dann nimmt Henri Amel Besitz von der Kunststoffabteilung der Werft La Rochelle-Pallice. Der Konstrukteur wird Schiffsbauer, als Konstrukteur kann Amel es nicht zulassen, dass man ihm noch einen fünften Misserfolg in die Schuhe schiebt. Boshafte Kommentare (Kein Wunder, mit einem blinden Konstrukteur...) haben seinen Willen aufgestachelt. Sein einfaches Ziel: nicht Boote bauen, sondern die besten!
Seit 1934 hat er Boote gezeichnet, Dutzende von Booten, Segelyachten, Motorbooten. 1953 zerstört ein bösartiger Infekt die Hornhaut, er erblindet völlig (das andere Auge war dem Krieg zum Opfer gefallen).
Entmutigt arbeitet er eine Zeitlang als Vertreter für Champagner. Mehrere Werften arbeiten nach seinen Entwürfen, ein Neuanfang?

Aber: Eine Werft macht Konkurs, eine andere respektiert die von ihm vorgeschriebenen Materialstärken nicht, eine dritte erweist sich als unfähig.
Als Pionier der Kunststoffanwendung im Yachtbau prägt Henri Amel die Werft mit seinen Ideen. Als Segler (200000 Seemeilen in 50 Jahren), Konstrukteur und Schiffsbauer in einer Person, singulär! Seine Blindheit wird zum Vorteil.
"Ohne viele Ablenkungsmöglichkeiten wie Lesen, Film und Fernsehen usw., konzentriere ich meine Erfindungskraft auf das Boot."
Perfektionist bis ins letzte Detail gelingt es ihm, seinen Virus auch an seine Mitarbeiter zu übertragen: In jeder der 32 beruflichen Sparten, die am Bau seiner Yachten beteiligt sind im gemeinsamen Streben, die Besten zu sein. Er will den stärksten Kunststoff herstellen, den schönsten Lack, die perfektesten elektrischen Anlagen, will

Motoren so montieren, dass sie nicht vibrieren, kurz: Boote bauen, deren Qualität nicht mehr unter Beweis zu stellen ist. Um diese, eine Sharki, eine Maramu oder eine Mango zu kaufen, muss man sich schon die Mühe nehmen, nach La Rochelle auf die Werft zu kommen. Eventuell, wenn der Kunde die Schiffe schon kennt, kann die Werft jemanden von der Verkaufsabteilung für den Vertrag zu ihm schicken, jedoch nicht ohne sich im Voraus davon zu überzeugen, dass die Benutzungspläne des Kunden auch dem gewünschten Bootstyp entsprechen. Dazu dient auch der Probeschlag auf einem Vorführboot in den werfteigenen Stützpunkten Hyeres, La Rochelle, Guadeloupe und Tahiti.

So ganz einfach ist es nicht, Mitglied der Amel-Familie zu werden. Für den Kapitän und seine Crew gibt es nur zwei Sorten von Seglern, die Amel-Segler... und die anderen. Amel-Segler sein bedeutet vor allem, eine gewisse Auffassung vom Fahrtensegeln zu haben. Das heisst, das Meer lieben, aber nicht unbedingt eiskalte Spritzer, das Segeln lieben, aber nicht als Masochist, weite Touren lieben, aber nicht unter Verzicht auf Komfort. Seine Schiffe haben eine Reihe von originalen Merkmalen:

Ein am Bug mit tiefer V-Form einsetzendes Unterwasserschiff öffnet sich in harmonischer Linienführung zum Heck, geht weiter über einen ungewöhnlichen Kielansatz in sanft geschwungenem Übergang vom Rumpf zum Kiel, ketschgetakelt mit hohen, schmalen Segeln. Die sehr klaren Decksflächen geben ungehinderte Bewegungsfreiheit. Material des Decks, GFK mit Teakimitation ("Teakholz ist zwar sehr schön, aber niemals hundertprozent wasserdicht, endlose Pflege!"), inzwischen mit dem jetzt schon klassichen festen Verdeck über dem Steuerstand. Die Cockpits sind tief und bestens geschützt. Die Tür zum Vorschiff in dichtes Schott verwandelbar, was selbst bei starker Bugkollisions-Beschädigung die Weiterfahrt ermöglicht, bruchsicheres Ruder, Wellengenerator, Belüftungsanlage im ganzen Schiff und an Instrumenten am Kartentisch fehlt es nicht. Manche sind aus Vorsorge gleich zweimal vorhanden.

Henri Amel ist auch ein origineller Boss. 1980 übergibt er seine Werft ganz einfach an seine Mitarbeiter - und geht Segeln. Nach Polynesien...

Mein hochverehrter Kollege Bobby Schenk hat bei einer Vielzahl von Weltumseglerkollegen recherchiert, sein Ergebnis ist eindeutig: Kristallisieren sich bestimmte Marken typischer Langfahrtschiffe heraus? Die Firmenmarken, die mit dem Attribut "geeignet für weltweite Fahrt" werben, lassen sich jenseits des Panama-Kanals kaum noch ausmachen... Eine Werft ist jedoch die Ausnahme: Amel. Sie ist auffallend häufig anzutreffen und ihre Skipper (aller Nationen) äußern sich meist "hochzufrieden " - übrigens auch zum Service der Werft nach vielen Jahren...
All das haben wir in "Clova" bestätigt gefunden: noch nie waren wir anfangs so skeptisch gegen ein Schiff Jahrgang 1983, und noch nie hat uns ein Schiff in jeder Situation - Wind bis 70kn Wind und Atlantikwellen nicht schlecht, enge Schleusenmanöver und schmale Kanäle - und in allen Details so überzeugt wie die alte "Amel Maramu".

Tony unser Vercharterer hatte uns nicht zuviel versprochen!






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