Für die Halbinsel Istrien ist ihre günstige geographische Lage
Segen und Fluch
zugleich. Einerseits steht sie Handel und Kultur offen,
andererseits überfallen immer
wieder feindliche Eroberer das Land und müssen
schon bald wieder neuen Eroberern
weichen. Die seetüchtigen Illyrer sind die ersten,
die schon in vorgeschichtlicher
Zeit Istrien ihren Stempel aufdrücken. 177 v. Chr.
müssen sie den Römern
weichen, die Illyrer werden versklavt.
Istrien erlebt eine Blüte. Landwirtschaft,
Gewerbe, Manufakturen und Handel sind hoch entwickelt,
vor allem Olivenöl, Wolle,
Austern und Holz sind Istriens Exportgüter nach Italien.
Große Monumentalbauten
der Kaiserepoche in Pula sowie verschwenderisch mit Mosaiken
geschmückte Stadt- und
Landvillen zeugen noch heute vom Glanz und Reichtum jener Kulturepoche.
Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches kommen
die Germanen: Odoaker (476)
dann Byzanz (538). In jener Zeit entwickelt sich mit dem großartigen Bauwerk
der Basilika von Porec eine neue sakrale Kunst. Hafen Piran
Dann dringen die Slawen vor, nun kommen die Franken (Karl der Große). In seiner
Grafschaft führt er das Feudalsystem ein. Slawen werden auf enteignetem
Grund und Boden der Städte angesiedelt. In Nordistrien lassen sich Slowenen nieder,
die Kroaten in Ost- und Mittelistrien. Im Kampf gegen raubgierige Sarazenen stützen
sich die istrischen Städte auf die Hilfe Venedigs. Doch
diese Abhängigkeit nutzt die Handelsrepublik und Seemacht aus und
bemächtigt sich schließlich ganz Istriens. 1364 mischen auch
die Habsburger mit. Seitdem ist Istrien zwischen Venedig und Österreich aufgeteilt.
Das Mittelalter ist eine Epoche intensiver architektonischer Tätigkeit.
Die Städte errichten Paläste für Bürgermeister, Kapitäne und
Rektoren sowie Befestigungsanlagen. Gleichzeitig entwickelt sich eine größere
Anzahl kleiner Städte und Dörfer, neben denen größere oder
kleinere Kirchen und Kapellen gebaut werden, die mit innig-naiven Fresken
bodenständiger Künstler überraschen.
Und dann der Niedergang: das Hafenstädtchen mit malerischem alten Hafen, engen Gassen und graziösen Balkonen. |
Pula, älteste Stadt Istriens, ist die größte und wirtschaftlich bedeutendste Stadt.
Sie liegt an der stark zerklüfteten Südspitze
der Halbinsel und hat Zugang zu mehreren Buchten. Auf den ersten Blick ist die heimliche Metropole Istriens
vor allem Hafen- und Industriestadt, aber Pula hat Baudenkmäler, hübsche Altstadtgassen
und reiches römischers Erbe. |
Unter Kaiser Augustus (30 v. Chr. bis 14 n.) ist Pula ('Pietas Iulia') das Verwaltungszentrum Istriens mit 30 000 Einwohnern. Aus dieser Zeit stammen |
In der k.u.k.-Zeit steigt Pula zum wichtigsten Kriegshafen der Donaumonarchie auf. |
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Pula literarisch: Die griechischen Autoren Kallimachos und Lykophron bringen den Namen der Stadt mit den Argonauten in Zusammenhang. Der Sage nach rauben Jason und Medea das Goldene Vlies und fliehen damit nach Westen, wo sie in der 'Stadt der Geflüchteten' (Pula) landen. Nach ihrer Blütezeit unter römischen Kaisern und byzantinischen Herrschern versinkt Pula in einen Jahrhunderte währenden literarischen Dornröschenschlaf, bis ihr dann Dante ein dichterisches Denkmal setzt. Er erwähnt Pula bei der Beschreibung des Eintritts in den sechsten Kreis der Hölle, in dem Häretiker in steinernen Gräbern brennen, die an Sarkophage erinnern. Tatsächlich erstreckt sich einst in Pula ein riesiger Friedhof mit antiken Sarkophagen vom heutigen Kastellhügel bis zur Arena und weit darüber hinaus. Im vergangenen Jahrhundert schließlich wird Pula von österreichischen und britischen Reiseschriftstellern entdeckt. Der englische Literat und Maler Thomas Allison zum Beispiel notiert: "Wenn man sich der Stadt nähert, dann erwecken die gezahnten Stadtmauern mit der Krone und den Türmen ganz den Eindruck einer römischen Festung." Und wieder ist da von Pulas antikem steinernem Herz die Rede. James Joyce, den großen irischen Dichter, verschlägt es 1904 von Triest aus nach Pula. Als 22jähriger kommt er mit seiner Lebensgefährtin Nora Joseph Bernacle in die Stadt, wo er an der Berlitz-Schule als Englischlehrer arbeitet. Nora gebärt in dieser Zeit ein Kind. Joyce scheint die Stadt gehaßt zu haben, er und Nora erleben einen ungemütlichen Winter, überwerfen sich zudem mit den österreichischen Behörden wegen einer angeblichen Spionageaffäre. Für den Autor des "Ulysses" ist die Stadt 'ein gottverlassenes Nest', ein Sibirien am Meer. Die Provinzialität und die militaristische Atmosphäre - k.u.k-Kriegshafen! - schrecken ihn ab. admiral mit James im Café
Ähnlich unwohl fühlt sich offenbar der slowenische Nationaldichter
Ivan Cankar, der sechs Jahre später in die Stadt kommt.
Das Meer stinke, die Mädchen seien schlampig, schreibt er in einem Brief an einen Freund,
"und ansonsten nichts als Himmel und kahles Gestein". |